Zwischen dem 31. Januar und dem 4. Februar 2017 reiste eine vierköpfige Delegation der Bremer Diakonie nach Casablanca, um sich über das marokkanische System der Jugendhilfe zu informieren. Die Delegation besuchte vier gemeinnützige Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe: das Complexe Oum Kheltoum, das Centre Culturel Les Etoiles de Sidi Moumen, die Vereine Bayti und L’Heure Joyeuse. Es fanden auch Gespräche mit Familienmitgliedern von illegal ausgewanderten Jugendlichen und mit dem Koordinator für Rückkehrer-Programme der Deutschen Auslandshandelskammer in Casablanca statt. Am letzten Tag besichtigte die Delegation die Altstadt und die Moschee Hassan II.
Die vier besuchten privaten Träger der Jugendhilfe haben klare Profile, ein professionelles Management, qualifizierte Mitarbeiter und gut aufgebaute Programme. Deren Entwicklung wird aber von mehreren Faktoren gebremst.
Im Stadtteil Sidi Moumen besuchte die Delegation zuerst das Complexe Oum Kheltoum, das aus einem sozialen und einem Kulturzentrum besteht. Das soziale Zentrum betreibt eine Kindertagesstätte mit vier Klassen und einen Hort für Babys berufstätiger Mütter. Es bietet für Frauen ärztliche Untersuchungen und Behandlungen an, organisiert Impfkampagnen, Alphabetisierungskurse und Ausbildungen zur Näherin. Frauen finden hier auch eine psychologische Betreuung und eine Rechtsberatung. Das Kulturzentrum bietet für Kinder und Jugendliche Kurse in den Fächern Musik, Tanz und bildende Künste, eine Mediathek und eine staatlich anerkannte Ausbildung zum Koch an.
Der Fachaustausch im Complexe Oum Kheltoum und der anschließende Besuch einer Familie in Sidi Moumen wurden von einem Fernsehteam im Auftrag des ZDF, das eine Reportage über Claudia Fisbeck drehte, gefilmt. Diese Reportage ist bis zum 18.02.2018 online abrufbar. Frau Fisbeck, die als Sozialarbeiterin arbeitet, reiste nach Casablanca mit, um die Herkunft der Jugendlichen, die sie in Bremen betreut, besser zu verstehen. Die Mobile Betreuung Bremen fängt mit hohem Aufwand problematische marokkanische Jugendliche aus Sidi Moumen. Die zerstörten Familienstrukturen infolge der Landflucht, die prekären Lebensverhältnisse der Eltern und das geringe Interesse der öffentlichen Verwaltungen haben die Jugendkriminalität im Stadtteil wachsen lassen. Für einige Jugendliche erscheint die illegale Auswanderung als der einzige Ausweg aus dieser Lage.
Der Verein Bayti, der vor einem Slum und einer Schule im Stadtteil Sidi Bernoussi liegt, betreut in einem mehrjährigen Programm Straßenkinder. Der Verein hat dazu beigetragen dieses Thema in Marokko zu enttabuisieren und arbeitet noch daran, da bis vor kurzem Straßenmädchen ignoriert wurden. Heute werden immer mehr Mädchen in das Programm aufgenommen. Der Verein engagiert sich auch für einen gesetzlichen Rahmen für Pflegefamilien.
Der Verein L’Heure Joyeuse wurde im Jahr 1954 gegründet und befindet sich in einem Gebäude des Bistums von Rabat. In den letzten Jahren hat er sich auf die berufliche Eingliederung benachteiligter Jugendliche spezialisiert. In ländlichen Gebieten fördert der Verein auch die Einschulung vor allem von Mädchen. Die Betreuung von Straßenkindern wurde aber aufgegeben, da der Aufwand zu hoch war.
Schließlich besuchte die Delegation das Centre Culturel Les Etoiles de Sidi Moumen, das sich in einem Gebäude, das vom Bezirksamt zur Verfügung gestellt wird, befindet. Dieses Kulturzentrum erreicht mit seinem Angebot rund 450 Jugendliche. Erfahrene Künstler und Pädagogen betreuen die Jugendlichen in den Fächern Musik, bildende Künste, Film und Theater. Das Zentrum wird getragen von der Stiftung Ali Zaoua, die von einem Filmemacher und einem Schriftsteller gegründet wurde. Die Produktion von Musik-CDs, die Organisation öffentlicher Veranstaltungen wie Konzerte und Ausstellungen gehören zum Programm der Einrichtung.
Eine ausführlichere Darstellung des Besuchs können Sie in unserem Newsletter von März 2017 lesen.